Drake: Exklusivinterview zum Album „Take Care“
Drizzy Drake lässt es zu seinem diesjährigen Geburtstag richtig krachen: Nachdem der kanadische Senkrechtstarter erst letztes Jahr die HipHop- und Popwelt mit seinem Debütalbum „Thank Me Later“ auf den Kopf gestellt hat und seither permanent in den internationalen Singlecharts vertreten war, erscheint sein zweiter Longplayer „Take Care“ (VÖ: 21.10.) pünktlich zu seinem 25. Geburtstag, den er am 24. Oktober feiern wird. Obwohl er natürlich auch dieses Mal mit den üblichen Verdächtigen im Studio war – Hausproduzent Noah „40“ Shebib und Boi-1da durften da nicht fehlen –, hat Drake für „Take Care“ unter anderem auch mit 9th Wonder, T-Minus und DJ Premier zusammengearbeitet, während Rick Ross, Lil Wayne, The Weeknd und selbst die Soul-Ikone Stevie Wonder zu den bereits bestätigten Albumgästen zählen.
Im folgenden Interview spricht Drizzy über die Entstehung von „Take Care“, seine Motivation, die aktuelle Musiklandschaft und The Throne, die Relevanz von Lebenserfahrungen, über Tracks, die tatsächlich auf die Tränendrüsen drücken, und darüber, wie er in Stevie Wonder seinen Mentor gefunden hat.
Wie genau motivierst du dich während der Arbeit an so einer neuen LP?
Ehrlich gesagt versuche ich immer, noch ein bisschen mehr zu geben, wenn ich einen neuen Song schreibe. Das geht so: Ich schreibe eine Melodie, bei der die meisten anderen Musiker innehalten und sagen würden: „Warte mal, das ist die perfekte Hook.“ Dann nehme ich diesen Part, lege ihn auf die ersten vier Takte der Strophe und schreibe danach gleich noch eine Hook. Die baue ich als nächstes ein, und so weiter. Dadurch wird der Song automatisch einprägsam und catchy. Und so lege ich die Latte mit jedem Schritt ein Stückchen höher. Ich schreibe also etwas, auf das alle abgehen. Und dann schreibe ich noch etwas Besseres.
Wie viele Tracks sollen denn auf dem neuen Album landen?
Nun ja, es passt ja leider nur eine begrenzte Anzahl von Tracks auf eine CD. Mein Plan lautet daher, so um die 15-17 Songs auf dem physischen Tonträger zu veröffentlichen. Und natürlich machen momentan viele Künstler Deluxe-Editionen, doch da der 24. Oktober ein ganz besonderer Tag für mich ist, werde ich noch einen draufsetzen und eine Geburtstags-Edition auf iTunes veröffentlichen, auf der echt viele zusätzliche Songs vertreten sind. Ich will erreichen, dass sich die Leute auf diesen Tag freuen, genau wie ich früher immer vollkommen aus dem Häuschen war, wenn ein neues Album von irgendwem herauskam. Ich wollte immer unbedingt den neuen Tonträger in der Hand haben, um das Artwork ganz genau studieren zu können. Und wenn es dann noch Bonus-Tracks gab, dann hab ich mich halt auf die Suche danach gemacht. Die Birthday-Edition wird der Hammer, weil ich dieses Mal so viele unterschiedliche Styles im Gepäck habe.
Berichte doch mal von deinem Team und deinem kreativen Umfeld. Wer war alles an der Arbeit beteiligt?
Generell gibt es so drei bis vier Leute, auf deren Meinungen ich richtig viel gebe. Der wichtigste Mann ist natürlich (mein Produzent) 40 (Noah Shebib). Seit „Comeback Season“ war er wirklich immer mit dabei, wenn ich eine Nacht im Studio verbracht habe. Er weiß einfach ganz genau, was ich kann, und er sagt mir auch mal ganz ehrlich ins Gesicht: „Das kannst du aber noch besser machen“, oder „Ich weiß, dass du noch eine bessere Strophe als die da schreiben kannst.“ Dann wäre da Oliver El-Khatib, ein Freund, der mir früher eigentlich eher nur hin und wieder Style-Tipps gegeben hat, aber für „So Far Gone“ dann das Artwork beigesteuert hat, weil er so ein krasser Kreativkopf ist, und der inzwischen zu meinen Managern gehört. Dann noch mein DJ Future The Prince, der ein grandioses Ohr für gute Tracks hat. Und der vielleicht wichtigste Mann in dieser Gleichung ist Hush, ein Freund von mir, der auch als Rapper in Toronto aufgewachsen ist und niemals fehlen darf. Wenn irgendeiner genau sagen kann, was ich kann und was nicht, dann ist es Hush. Wir beide haben den gleichen Ansatz, das gleiche Rap-Verständnis, insofern weiß ich also, dass er wirklich genau das hört, was meine Ohren hören. Kritik nehme ich nie persönlich, ganz gleich, von wem sie kommt. Ich liebe Feedback so oder so, aber die Meinung von Hush ist mir die wichtigste von allen. Er versteht mehr von Rap als alle anderen. Und er ist ein echt guter Freund von mir.
Rap ist heutzutage wie Fastfood: Die Fans wollen schnell Nachschub, und sie werden scheinbar nie so richtig satt. „Thank Me Later“ ist gerade mal ein Jahr alt, und schon kann keiner mehr abwarten, bis „Take Care“ endlich rauskommt. Glaubst du, die Fans haben vergessen, dass man ja auch etwas erleben muss, um diese Erlebnisse in neue Tracks verwandeln zu können?
Absolut! Man muss rausgehen und etwas erleben, ganz genau. Ich weiß noch, wie die Künstler sich früher gerne mal vier Jahre Zeit gelassen haben zwischen ihren Alben. Usher war mal für drei Jahre weg. Justin Timberlake hat eine halbe Ewigkeit an „Justified“ gearbeitet. Selbst zwischen den Alben von Beyoncé liegen jeweils drei Jahre. Es stimmt: man braucht einfach auch Zeit fürs eigene Leben. Nur haben wir inzwischen eine Generation von Kids herangezüchtet, die nicht abwarten kann und alles am liebsten sofort haben will. Eine Generation, in der so ungefähr gilt: „The Weeknd hat sein neues Mixtape über Twitter angekündigt, und einen Klick später habe ich es auch schon heruntergeladen.“ Er hat erst vor ein paar Monaten „House Of Balloons“ veröffentlicht, und schon sagen alle: „Mann, wir brauchen neuen Stoff! Das dauert alles zu lange bei dir!“ Vollkommen verrückt eigentlich. Ich hoffe nur, dass es auch Leute gibt, die sich wirklich Zeit für das Anhören der Songs nehmen, die sie im Auto hören und richtig in sich aufsaugen – und eben nicht gleich wieder an den Rechner rennen und noch mehr verlangen. Unsere Generation muss lernen, dass manche Dinge einfach Zeit brauchen: Ein bis zwei Jahre für ein Album sollten jawohl drin sein. Denn dadurch werden die Sachen einfach besser, als wenn man alle zwei Monate seine Tracks veröffentlicht.
Bei „Thank Me Later“ hatte ich deshalb auch das Gefühl, dass ich fast schon Geschichten erfinden muss, um genügend Themen zu haben, weil alles so schnell ging. Ich war da dermaßen busy, dass ich kaum noch mitgeschnitten habe, was eigentlich um mich rum los war; und es war ziemlich schwierig, überhaupt noch an das heranzukommen, was in mir abging. Was nicht heißen soll, dass ich keine guten Songs mehr schreiben konnte, nur war es halt schwierig, viel von mir, von Aubrey preiszugeben in dieser Phase, weil da abgesehen von Arbeiten nicht viel passiert ist.
Für dieses Album habe ich jedoch viel Zeit in Toronto verbracht – so lange war ich noch nie hier, seit dem Anfang meiner Karriere. Vier Monate waren das bestimmt, in denen ich einfach Bekannte getroffen habe, mit meiner Familie, meinen Freunden Zeit verbracht habe, ausgegangen und mal wieder durch die Stadt gefahren bin. Unglaublich ist das. Ich kann es kaum abwarten, dass die Leute endlich meine neuen Texte hören. Darum mache ich auch keine Listening-Sessions: Ich will nicht, dass irgendein Journalist – und das soll jetzt keine Beleidigung sein – sie mit seinen Augen betrachtet, mit seinen Ohren aufnimmt und dann die ganze Welt das glaubt, was er oder sie dazu gesagt hat. Alle sollen sie am selben Tag zu hören bekommen. Selbst wenn sie vorher im Netz landen sollte – auch dann will ich, dass alle gleichzeitig hinhören können, anstatt nur einen langen Artikel über die LP zu lesen. Sie sollen gar nicht so genau wissen, was sie da eigentlich erwartet. Denn es gibt da eine ganze Menge überraschende und schockierende Sounds auf dem Album zu hören.
Was hältst du denn von dem Ansatz, den Jay-Z und Kanye West für die Veröffentlichung von „Watch The Throne“ gewählt haben? Die haben ein paar exklusive Sessions gemacht. Ich war bei einer, und ein Leak gab es nicht, weil sie sofort zu iTunes gegangen sind.
Was Jay und „Watch The Throne“ betrifft, will ich erst mal sagen, dass ich extrem happy darüber bin, dass dieses Album gerade erschienen ist. Als Künstler braucht man ab und an einen zusätzlichen Motivationsschub. Und ich glaube, dass ich im letzten Monat, den ich jetzt noch an meiner LP feile, zehn mal so hart arbeiten werde, einfach nur, weil ich diese ganzen Sounds auf ihrem Album gehört habe.
Hast du vor, dein Album auf dieselbe Art zu veröffentlichen?
Ich finde, das war das Ding von Jay-Z und Kanye: die exklusive Digitalveröffentlichung, die Listening-Sessions, dadurch waren alle extrem heiß auf die Scheibe. Besser hätte das nicht laufen können. Ob ich denke, dass einer der beiden das auch so für ein Soloalbum gemacht hätte? Nein, das wohl eher nicht. Würde Jay-Z sein Album nur digital veröffentlichen und alle Tracks im Vorfeld den Kritikern vor die Füße werfen? Nein. Natürlich habe ich schon mit Lil Wayne über ein gemeinsames Projekt gesprochen. Und dann wäre da noch Rozay (Rick Ross), mit dem ich mir am liebsten das Mikrofon teile. Auch wir haben darüber gesprochen, ein Gemeinschaftsprojekt zu machen, wenn unsere Soloalben erschienen sind. Jedes Mal, wenn ich mit ihm einen Track aufnehme, habe ich hinterher einen neuen Lieblingssong zum Autofahren.
Also keine Listening-Sessions, richtig?
Mir ist nun mal wichtig, dass die Leute sich ihre eigene Meinung dazu bilden können. Die Platte kommt im Herbst. Der Herbst ist meine Zeit. Und ich will einfach nur, dass jeder die Gelegenheit hat, ganz gleich wo, sich die Platte in genau dieser Atmosphäre anzuhören. Ob nun mit Kopfhörern im Fitnessstudio, im Auto, ganz egal: Mir geht es ums Hören, bevor man überall irgendwelche Meinungen liest, welche Textzeile die cleverste, welcher Track der mieseste ist. Mit Rezensionen werden die Leute konditioniert. Und mir ist es nun mal lieber, dass die Leute sich ihre eigene Meinung machen.
Ich weiß zwar, dass du noch nicht hundertprozentig sagen kannst, wer als Gast und Produzent dabei ist, weil die Platte noch nicht ganz fertig ist, aber Stevie Wonder soll ja als Texter an der Arbeit beteiligt gewesen sein – stimmt das?
Texte geschrieben hat er weniger, dafür Musik gemacht. Der einzige Mensch, mit dem ich mich wirklich zum Schreiben zusammengesetzt habe, war Abel (Tesfaye aka The Weeknd). Wir verstehen uns perfekt, was das Finden der richtigen Worte angeht. Wenn man sie dann gefunden hat, stellt sich dieses ganz besondere Glücksgefühl ein. Wir haben für viele der neuen Songs zusammengearbeitet. Mit Stevie hingegen ging’s um die Musik. Ich hatte einen Song, der so schon krass war, „Doing It Wrong“, und dann kam Stevie und hat die Nummer auf den nächsten Level gehievt. Produzent war in dem Fall 40, aber Stevie steuert ein Solo bei. Ein grandioser Track.
Was genau hat er beigesteuert?
Er hat der Sache Leben eingehaucht. Ich wollte nur richtig krasse R&B-Songs aufs Album nehmen, wenn denn überhaupt R&B-Tracks drauf landen sollten. Früher hätte ich vielleicht eher so ein paar Interludes eingestreut, aber dieses Mal wollte ich zurück zum Spirit von „Brand New“ oder „Bria’s Interlude“. Ich rede hier von richtig großen Songs, die extrem sexy sind – das wollte ich machen! Meine Art von R&B halt. Und die Sache mit Stevie lässt sich kaum in Worten beschreiben. Es war unglaublich, was ich in der Nacht erleben durfte. Er hatte einen Track für sich entdeckt und spielte dann diese Parts dazu ein, die das Stück so richtig zum Leben erweckten. Ich habe noch nie zuvor jemandem einen Song vorgespielt, der daraufhin in Tränen ausgebrochen ist und richtig lange darüber nachdenken musste. Bei diesem Song ist mir das dann doch mal passiert. Hatte ich noch nie gesehen. Natürlich kannte ich das Klischee, „Als xy den Track gehört hat, weinte er auf der Stelle los.“ Normalerweise hab ich dann immer gedacht, „Ah ja, verstehe, schon klar.“ Aber in diesem Fall stimmt es: ich hab tatsächlich Leute weinen sehen, als sie den Song von Stevie und mir gehört haben. Abgesehen davon habe ich ihm nur ein paar Songs gezeigt, um zu sehen, ob sie ihm zusagen. Fühlt sich natürlich gut an, Stevie Wonder Songs zu zeigen und dann zu hören, dass die Sachen unglaublich gut sind. Ich glaube, dass Stevie und ich sofort eine gemeinsame Ebene gefunden haben; ihm liegt scheinbar viel daran, dass alles gut läuft bei mir. Er hat mir sogar selbst gesagt, dass er mich ganz oben sehen will. Ganz oben, auf dem Mond. Das pusht einen ganz schön.
Vorne auf dem Album sollte stehen: „Gefällt auch dem Stevie“.
(Lacht) Na ja, er hat ja nur ein paar Songs gehört. Die Rap-Sachen können ruhig auch andere bewerten. Aber was Gesang und Melodien angeht, war er wirklich stolz auf das, was 40 und ich da auf die Beine gestellt hatten. Nachdem er ins Studio kam, um seine Parts für „Doing It Wrong“ aufzunehmen, machte ich wenige Stunden darauf schon „Marvin’s Room“ fertig. Eine große Geschichte ergibt es, dieses neue Album.
Bei „Thank Me Later“ hattest du ja jede Menge Gäste dabei: Alicia Keys, Swizz Beatz, Jay, Jeezy, Wayne, Nicki, The-Dream, T.I… Dieses Mal wirst du es also etwas ruhiger angehen, was die Gästeliste angeht?
Ja, letztes Mal lag das wohl daran – und die meisten Newcomer würden das wohl ähnlich machen –, dass ich damit schon ein bisschen zeigen wollte, was ich für Muskelpakete habe. Lass es mich so erklären: Es war wie beim OVO Fest, wo ich eigentlich voll aufgeregt sein sollte, schließlich sind da 18000 Zuschauer und das alles auch noch in meiner Heimatstadt, aber ich bin im Gegenteil ganz ruhig, weil ich weiß, dass ich so viele Special Guests am Start habe, auf die ich mich verlassen kann. Ich weiß also, dass da auch Wayne, Stevie, Jay, Eminem und so mit dabei sind. Das beruhigt einen, wenn man so viele Asse im Ärmel hat. Und genauso verhält es sich wohl auch mit „Thank Me Later“: Es war halt mein erstes Album. Alles sollte recht schnell gehen. Und ich glaube, dass es mir geholfen hat, dass diese Leute dabei waren, die ich mag. Waren schon ganz schön viele Gäste – und das neue Album ist das komplette Gegenteil davon.
Es gibt ein paar ganz alte Fans von dir, die inzwischen nicht mehr so auf deinen Sound abgehen, ohne wirkliche Gründe zu nennen. Du hörst doch bestimmt öfter mal, „Wir wollen den Drake zurück, der ‘So Far Gone’ aufgenommen hat“, oder? Findest du das frustrierend?
Ja, die Leute sagen immer „Ich vermisse den Drake von früher.“ Und ich nehme mir das schon zu Herzen. Ich sage dann: „Kann ich schon verstehen.“ Ich mache deswegen nie Stress und sag nichts dazu im Netz oder so. Interessant ist daran vor allem, dass sie eigentlich gar nicht mein früheres Ich vermissen, denn echte Fans wollen ja, dass ein Künstler sich entwickelt und wächst. Was sie vermissen, ist meines Erachtens nur die Zeit, für die ein Album steht. Für viele Menschen sind Alben schließlich genau das: Sie markieren einen Zeitpunkt, einen Lebensabschnitt. „So Far Gone“ steht für eine Ära: vielleicht hattest du früher eine andere Freundin oder bist noch zur Schule gegangen. Vielleicht war das Leben irgendwie einfacher. Wenn die Leute also solche Dinge sagen, dann meinen sie eher die Zeit, die sie vermissen. Was toll ist: sie verbinden mich und meine Musik mit diesem Abschnitt ihres Lebens.
Die Leute machen dir immer wieder das Leben schwer, weil du schon öfter mal so klingst, als würde es dir Leid tun, dass du reich und berühmt bist. Wird das auch auf „Take Care“ wieder ein Thema sein? Und was geht da überhaupt so inhaltlich?
Mir war klar, dass ich auf diesem Album nicht „Oh Mann, ich vermisse meine Buddys von früher“ sagen konnte. Auf „Thank Me Later“ war die Aussage in etwa: „Ich wünschte, ich wäre nicht berühmt. Eigentlich würde ich lieber noch zur Schule gehen.“ Und das entspricht auch meinen damaligen Gefühlen. Heute habe ich viel mehr Selbstvertrauen. Und meine Freunde haben inzwischen auch Geld verdient und Ziele erreicht, die sie sich gesteckt hatten. Ich kann also nicht noch ein Album machen, auf dem ich mir so einen Schritt zurück wünsche. Würde ich das machen, dann hieße es sofort: „Hau ab, Alter! Erzähl mir doch keinen Scheiß! Berichte lieber davon, was gut ist an diesem Lifestyle. Erzähl mir Sachen, die mich anspornen, die mir dieses Leben schmackhaft machen. Berichte von den Höhen und Tiefen der letzten Zeit, und nicht davon, was du alles vermisst.“ Darum bin ich auch nach Toronto zurückgekehrt: Dadurch konnte ich gar nicht mehr sagen, „Ach, ich vermisse meine Heimatstadt ja so sehr.“ Einen Song gibt es, der ansatzweise in diese Richtung geht, aber generell kommt das sonst nicht vor: Es geht um dieses Leben, die Dinge, die ich erlebe, und ich sage ganz genau, was mir so alles passiert. Es klingt also nicht wie Drake auf „So Far Gone“ und auch nicht wie Drake auf „Thank Me Later“. Dahin kann ich nicht mehr zurück. Unmöglich. Ich bin stolz darauf, wie sich mein Leben in den letzten Jahren entwickelt hat.
Als Zuhörer erkennt man sofort, dass du als Rapper sehr viel besser geworden bist. Fällt dir das auch auf? Angeblich hast du ja gesagt, dass du dieses Mal einen ganz anderen Level abliefern willst.
Vor ein paar Tagen hab ich zusammen mit 40 eine Kiste gefunden, in der ein paar CDs waren, alles „So Far Gone“-Scheiben, die wir verteilt haben, als das Mixtape rauskam. Am Abend habe ich mir die CD dann noch mal im Auto angehört, und plötzlich fiel es mir auf: Auch wenn die CD ganz anders und auf ihre Weise auch gut klingt, sagte ich mir, „Du kannst inzwischen echt besser rappen als damals.“ Trotzdem fällt es mir schwer, mir selbst dafür auf die Schulter zu klopfen – dafür sind meine Arme irgendwie zu kurz. Ich tue halt mein Bestes: Ich bin 24, und viele Augen sind auf mich gerichtet, was jede Menge Druck bedeutet. Ich will nur jemand sein, den man nicht so schnell vergisst. Ich will eine Stimme dieser Generation sein.
Ein paar Songs sind diesen Sommer ja schon im Netz gelandet. Welche davon werden tatsächlich auf „Take Care“ vertreten sein?
„Headlines“ und „Marvin’s Room“ sind auf jeden Fall drauf. „Dreams Money Can Buy“ und „Trust Issues“ hingegen nur auf der erwähnten Birthday-Edition – die wird wahrscheinlich ganz schon voll gepackt sein mit Tracks, nur so als kleine Warnung (lacht). Ganz viele Songs sollen es sein, damit man den ganzen Herbst, den Winter, den Frühling und dann noch den nächsten Sommer was zu hören hat. Diese Musik soll von Bestand sein. Was nicht heißt, dass ich nicht schon wieder an neuen Tracks arbeiten werde. Ich will nur etwas erschaffen, dessen Verfallsdatum weiter in der Zukunft liegt als das normalerweise der Fall ist.
Stört es dein Label Universal eigentlich, dass du so viele Tracks kostenlos über deine Seite veröffentlichst?
Nun ja, ich mache das hier alles für die Fans, und das war schon immer so. Und ich habe schon dafür gesorgt, dass mir niemand sagen kann, wie viele oder welche Songs auf einem Album landen sollen. Es gibt da keine Beschränkungen – das soll jeder wissen. Was jedoch auch nicht bedeutet, dass über solche Dinge nicht verhandelt werden würde. Aber die einzige Stimme, auf die ich etwas gebe, ist die meiner Fans. Ich versuche nie, den Mittelweg zu gehen und auf Nummer sicher zu machen. Die Leute sollen einfach große Songs zu hören bekommen. Musik hat mir oft geholfen, mit allem möglichen Scheiß in meinem Leben zurechtzukommen. Deswegen will ich ihnen einfach so viel geben, dass sie zufrieden sind.
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